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Widerruf von Darlehensverträgen


 

Grundsatzentscheidung des EuGH vom 26.03.2020 zum Widerruf von Darlehensverträgen!

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hebt im Rahmen einer der wichtigsten Entscheidungen zum Verbraucherkreditrecht die bankenfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf, widersetzt sich damit dem aktuell in der BRD geltenden Verbraucherkreditrecht; EuGH, Urteil vom 26.03.2020 – C-66/19

Dies bedeutet für die Verbraucher in Deutschland: Kreditverträge ab 10. Juni 2010, gleich ob Immobilienkredit, Autokredit oder ein Kredit für Hausrat sind bei Vorliegen der Kriterien ab sofort widerrufbar. Die betreffende Klausel in den Darlehensverträgen, über die der EuGH zu entscheiden hatte, findet sich in den meisten Verbraucherdarlehensverträgen. Die Darlehensnehmer erhalten für den Fall des Vorliegens die früher höheren Zinsen zurück und müssen ab sofort aufgrund der dann nötigen Darlehensumschuldung nur noch die heute gültigen günstigeren Kreditzinsen bezahlen.

Dadurch ermöglicht der Europäische Gerichtshof den deutschen Verbrauchern unter anderem hohe Zinsersparnisse. Wer ab Juni 2010 eine Immobilie finanzierte oder einen sonstigen Konsumentenkredit abgenommen hat, hat nun sehr gute Chancen, sich von dem Darlehensverhältnis durch einen Widerruf lösen zu können und in den Genuss von günstigeren Konditionen zu kommen.

Diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 26. März 2020 betrifft die meisten deutschen Darlehensverhältnisse seit Juni 2010, nachdem die beanstandete Klausel in den Formularverträgen absolut gängig ist. Den Luxemburger Richtern missfällt vor allem das in den Verträgen abgedruckte Labyrinth von Paragrafenketten, das für den Normalverbraucher nicht zu verstehen oder umzusetzen ist. Die Richter sehen hierin einen Verstoß gegen das europäische Gebot der „Klarheit und Prägnanz“.

Von der Entscheidung betroffen sind geschätzt 15-25 Mio Immobilien-, Konsumkredit-, und Leasing-Verträge. Die bislang teuren Immobilien-Altkredite kosten den Verbraucher nach Widerruf und Umschuldung dann anstatt noch vor einiger Zeit z.B. 4% Zinsen nur noch ca. 1,0 % an Zinsen, was die privaten Haushalte spürbar entlastet.

Im Falle des Widerrufs fällt für den widerrufenen Kredit keine Vorfälligkeitsentschädigung an! Die Zinsersparnis ist daher signifikant!

Bei Fragen zu diesem Artikel wenden Sie sich bitte direkt an:

Rechtsanwalt Tobias Neumeier
Anwaltssozietät Neumeier Schroeter & Partner GbR
Hermann-Lingg-Str. 15
80336 München
Tel: 089 – 530 75 75 0
info@ansp.de
www.anwalt-bankrecht.com

Nachfolgend erläutern wir noch die Argumente des EUGH. Gemäß dem Urteil des EUGH muss sich die Berechnung der Widerrufsfrist für den Verbraucher aus dem Vertrag klar und unzweideutig ermitteln und berechnen lassen. In der Presseerklärung des EuGH vom 26.03.2020 heißt es zu dem zugrundeliegenden Fall auszugsweise wie folgt:

„Im Jahr 2012 nahm ein Verbraucher bei der Kreissparkasse Saarlouis einen grundpfandrechtlich gesicherten Kredit über 100 000 Euro mit einem bis zum 30. November 2021 gebundenen Sollzinssatz von 3,61 % pro Jahr auf.
Der Kreditvertrag sieht vor, dass der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen kann und dass diese Frist nach Abschluss des Vertrags zu laufen beginnt, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben erhalten hat, die eine bestimmte Vorschrift des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs vorsieht. Diese Angaben, deren Erteilung an den Verbraucher indessen für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, führt der Vertrag somit nicht selbst auf. Er verweist lediglich auf eine deutsche Rechtsvorschrift, die selbst auf weitere Vorschriften des deutschen Rechts verweist.

Anfang 2016 erklärte der Verbraucher gegenüber der Kreissparkasse den Widerruf seiner Vertragserklärung. (…)

Das vom Verbraucher angerufene Landgericht Saarbrücken (Deutschland) fragt sich, ob der Verbraucher über die Frist, während der er sein Widerrufsrecht ausüben kann, korrekt informiert worden ist. Es hat daher den Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge ersucht1.

(…..) Der Gerichtshof hält seine Anrufung für legitim, um eine einheitliche Auslegung der deutschen Rechtsvorschriften zu gewährleisten.
Berechnung der Widerrufsfrist angeben müssen. Andernfalls würde die Wirksamkeit des Widerrufsrechts2 ernsthaft geschwächt.
(…..)
Im Fall einer solchen Kaskadenverweisung kann der Verbraucher auf der Grundlage des Vertrags nämlich weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält, und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist, über die er verfügen kann, für ihn zu laufen begonnen hat.
Im vorliegenden Fall stellt der Gerichtshof fest, dass der im fraglichen Vertrag enthaltene Verweis auf die deutschen Rechtsvorschriften nicht dem Erfordernis genügt, den Verbraucher in klarer und prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.“

Widerruf Darlehensverträge